Genus, Sexus und Gene­ral­klau­sel Das gene­ri­sche Maskulinum

Das gene­ri­sche Mas­ku­li­num ist schon eine Crux der deut­schen Spra­che. Wie ange­nehm (und den­noch nicht unbe­dingt unpro­ble­ma­tisch und völ­lig frei von Genus-Pro­ble­men)1Sie­he hier­zu mei­nen Arti­kel Genus in der tür­ki­schen Spra­che. ist da doch die tür­ki­sche Spra­che, in der es nicht den Fah­rer oder den Arzt gibt, son­dern nur Per­so­nen, die fah­ren oder einen ärzt­li­chen Beruf ausüben.

Im Gegen­satz zum Deut­schen, muss man im Tür­ki­schen dann sprach­lich und schrift­lich genau­er defi­nie­ren, ob es ein Herr Fah­rer oder eine Frau Fah­re­rin, eine Frau Ärz­tin oder ein Herr Arzt ist. Im Deut­schen hin­ge­gen sind vie­le Per­so­nen­be­zeich­nun­gen »selbst­ver­ständ­lich« männ­lich. Die All­tags­spra­che ist bestimmt von Ver­brau­chern, Auto­fah­rern, Benut­zern, Käu­fern, Ärz­ten, Pati­en­ten, Poli­ti­kern … »selbst­ver­ständ­lich« sind zwi­schen die­sen auch Ver­brau­che­rin­nen, Auto­fah­re­rin­nen, Benut­ze­rin­nen, Käu­fe­rin­nen, Ärz­tin­nen, Pati­en­tin­nen und Poli­ti­ke­rin­nen vor­zu­fin­den. Sie sind in der Bezeich­nung theo­re­tisch inklusive.

Doch prak­tisch? Sind sie es zuerst ein­mal eben nicht. Das fiel anschei­nend recht lan­ge nie­man­dem nega­tiv auf – jeden­falls kam wohl nie­mand auf die Idee, expli­zit in Bezug auf die­ses The­ma eine sprach­li­che oder schrift­li­che Reform durch­zu­set­zen. Zwar ist es in bestimm­ten Krei­sen Usus, statt man sagt ein­fach frau sagt zu schrei­ben, doch geht das am eigent­li­chen Pro­blem vor­bei. Auch Auto­fah­re­rIn­nen oder Autofahrer_​Innen (mit einem hör­bar abge­setzt aus­ge­spro­che­nen ʿin­nen) sind kei­ne Lösung, Auto­fahrx2Der Ansatz, zweig­endern­de Anspra­chen in Fra­ge zu stel­len ist selbst­ver­ständ­lich inter­es­sant. Aber von vie­len »Außen­ste­hen­den« (mir fällt gera­de kei­ne bes­se­re Bezeich­nung ein) wer­den der­ar­ti­ge Denk­an­stö­ße sehr nega­tiv auf­ge­nom­men. Sie­he hier­zu einen Kolum­nen­bei­trag in der taz: So cra­zy wie gol­de­ne Leg­gins, einen Arti­kel in der FAZ: Sagen Sie bit­te Profx. zu mir, einen in der Zeit (Online): Anschwel­len­der Ekel­fak­tor und die Site von profess[or]x lann horn­scheidt (letz­te Zugrif­fe: 01.12.2014; die Links öff­nen sich in neu­en Fens­tern oder Tabs). wirkt auch nicht lösungs­ori­en­tiert. Kor­rekt wäre es, stets von Auto­fah­rern und Auto­fah­re­rin­nen (oder umge­kehrt) zu sprechen. 

Bei den sehr geehr­ten Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rern wie Lese­rin­nen und Lesern, Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen hat sich das bereits durch­ge­setzt – stets mit einem höf­li­chen Vor­tritt für die weib­li­che Form. Wie nahe ste­hen bei die­ser Art von Mar­kie­rung nun Höf­lich­keit und posi­ti­ver Sexis­mus bei­ein­an­der? Egal, wie man es ver­sucht, irgend etwas wirkt immer selt­sam; wir tun uns schwer mit unse­rer Viel­falt, wir Menschen.

Zum Pro­blem der »ver­schwie­ge­nen« Hälf­te kommt hin­zu, dass der Mensch in der Regel faul ist. Nur weni­ge genie­ßen es, lang und umständ­lich zu schrei­ben und zu spre­chen und noch weni­ger kön­nen es über­haupt.3Eine beson­ders »alter­na­ti­ve« Form ist die kon­se­quen­te Klein­schrei­bung. Ist es nur Faul­heit? Ist es Unfä­hig­keit? Soll das »poli­tisch« sein? Den Vogel abschie­ßen tut dann gege­be­nen­falls die auto­ma­ti­sche Recht­schreib­kor­rek­tur, wel­che die Kon­se­quenz der Klein­schrei­bung bei Punk­ten kon­ter­ka­riert. Es ist ver­mut­lich sinn­los, stets ermü­den­de oder merk­wür­dig wir­ken­de Kon­struk­tio­nen zu erwar­ten. Sie wür­den nicht geleis­tet. Eine Lösung, die ange­nehm ist, nicht dis­kri­mi­niert und bereit­wil­lig ange­nom­men wird, fehlt noch.

Man­chen, vie­len, ja sogar in mei­nem Umfeld eini­gen … ist das alles reich­lich egal. Manch­mal fragt man sich, ob es nicht zu vie­le belei­dig­te Frau­en gibt, wenn man (in mei­nem Fall dann dum­mer­wei­se auch noch Mann) sie dar­auf auf­merk­sam macht, dass sie doch Fah­re­rin­nen sind, wenn sie steif und fest behaup­ten, dass sie Fah­rer sei­en. Wo es kei­ne Pro­ble­me gibt, macht man sich wel­che, wer­den vie­le den­ken. Doch so ein­fach ist das nicht. Tat­säch­lich sind The­men wie Geschlecht, Gen­der, Sexus, Gesell­schaft und Mensch nicht nur »wis­sen­schaft­lich« kom­plex, son­dern auch im all­täg­li­chen Leben. Egal, ob man es hin­ter­fragt oder nicht. Doch was von bei­dem löst einen Denk­pro­zess aus?

Lan­ger Rede kur­zer Sinn: Ich möch­te an die­ser Stel­le expli­zit dar­auf hin­wei­sen, dass in mei­nen Tex­ten durch­aus gene­ri­sche Mas­ku­li­na auf­tau­chen kön­nen. Wenn es geht, ver­mei­de ich sie. Wenn ich sie in älte­ren Tex­ten nicht ver­mie­den habe, sehe man es mir bit­te nach. Ich bin weit davon ent­fernt, ein gene­risch mas­ku­li­ni­sier­tes Welt­bild zu haben.

Wer mag, kann an die­ser Stel­le mei­ne Arti­kel Zur Ety­mo­lo­gie von »Männ­lich­keit« (2011) und Genus in der tür­ki­schen Spra­che (2001) lesen.

Lite­ra­tur­quel­len und Anmer­kun­gen

Lite­ra­tur­quel­len und Anmer­kun­gen
1 Sie­he hier­zu mei­nen Arti­kel Genus in der tür­ki­schen Spra­che.
2 Der Ansatz, zweig­endern­de Anspra­chen in Fra­ge zu stel­len ist selbst­ver­ständ­lich inter­es­sant. Aber von vie­len »Außen­ste­hen­den« (mir fällt gera­de kei­ne bes­se­re Bezeich­nung ein) wer­den der­ar­ti­ge Denk­an­stö­ße sehr nega­tiv auf­ge­nom­men. Sie­he hier­zu einen Kolum­nen­bei­trag in der taz: So cra­zy wie gol­de­ne Leg­gins, einen Arti­kel in der FAZ: Sagen Sie bit­te Profx. zu mir, einen in der Zeit (Online): Anschwel­len­der Ekel­fak­tor und die Site von profess[or]x lann horn­scheidt (letz­te Zugrif­fe: 01.12.2014; die Links öff­nen sich in neu­en Fens­tern oder Tabs).
3 Eine beson­ders »alter­na­ti­ve« Form ist die kon­se­quen­te Klein­schrei­bung. Ist es nur Faul­heit? Ist es Unfä­hig­keit? Soll das »poli­tisch« sein? Den Vogel abschie­ßen tut dann gege­be­nen­falls die auto­ma­ti­sche Recht­schreib­kor­rek­tur, wel­che die Kon­se­quenz der Klein­schrei­bung bei Punk­ten konterkariert.
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